Jede Kartenzahlung schützt Bäume?
In den vergangenen Tagen hatte ich die Freude, mit ein paar Leuten zu telefonieren, und niemand war dabei, der die Idee blöd fand, Gelder aus der Interchangegebühr bei Kartenzahlungen für den Schutz für den Regenwald einzusetzen.
Im Gegenteil: Einige überlegen sich ebenfalls, das
- kostenlose,
- schufafreie und
- deutsche
Girokonto von Tomorrow zu eröffnen und künftig ein paar Zahlungen über dieses laufen zu lassen. Genauso, wie ich es tue:
Anbieter:
» https://www.tomorrow.one/
Hintergrund: Auch wenn für uns Bankkunden die Zahlung mit der Karte – Tomorrow stellt uns kostenlos eine Visa Card zur Verfügung – kostenlos ist, muss der Zahlungsempfänger eine prozentuale Transaktionsgebühr bezahlen.
Wie geht das mit dem Schutz vom Regenwald?
Auf ihrer Internetseite informiert uns Tomorrow:
Das bedeutet offensichtlich, dass bei einer Kartenzahlung von 100 Euro genau 0,13 Euro in den Schutz des Regenwaldes fließen.
In der App (siehe oben) wird angezeigt, wie viel Regenwald ich mit meiner Kartenzahlung geschützt habe. Im April waren das bisher 230 m².
Wie das genau geht? Dazu Tomorrow:
Wenn ich das richtig verstanden habe, genügt 1 Euro, um Regenwald von mehr als meinem Grundstück (Haus, Garage, Hof und Garten) für 29 Jahre zu schützen?
Wenn das stimmt, könnte man den weltweiten Regenwald aus der Portokasse schützen!
Jemand aus unserem Team hat ein paar Berechnungen vorgenommen:
Der Amazonas-Regenwald bedeckt in Brasilien rund 3.500.000 km². Er ist damit etwa zehnmal so groß wie Deutschland. Da jeder Quadratkilometer 1000 × 1000 Meter misst, also eine Million Quadratmeter, entspricht die Gesamtfläche des brasilianischen Regenwaldes 3,5 Billionen Quadratmetern.
Jetzt hilft der „Dreisatz“ aus Schulzeiten weiter: Wenn man 780 Quadratmeter mit einem Euro schützen kann, könnte man 3,5 Billionen Quadratmeter für knapp 4,5 Milliarden Euro schützen.
Dafür muss ein Bäcker viele Brötchen backen. Andererseits liegt dieser Betrag in der gleichen Größenordnung wie die Kosten für die Olympischen Sommerspiele von Rio de Janeiro im Jahr 2016 – übrigens ein Schnäppchen im Vergleich zu den Winterspielen im russischen Sotschi zwei Jahre zuvor. Das ließe sich also relativ leicht stemmen.
Brasilien besitzt weltweit am meisten tropischen Regenwald. Aber auch andere Länder Südamerikas haben Anteil am Dschungel. In Afrika wächst am meisten Regenwald im Kongo. In Südostasien verteilen sich die tropischen Regenwälder vor allem auf die Inseln des Malaiischen Archipels mit Indonesien auf Platz 1 in dieser Region.
Die Angaben, wie viel ursprünglicher Regenwald in den Tropen insgesamt noch steht, variieren von Quelle zu Quelle teils erheblich. Das liegt auch daran, dass sich die Fläche durch Abholzung und Brandrodung von Jahr zu Jahr verringert, während andere Wälder auf der Welt wachsen.
Im September 2019 bezifferte die britische Daily Mail die Regenwaldfläche auf 8 % der Landfläche unserer Erde. Das wären rund 12 Billionen Quadratmeter. Teilt man diese Fläche durch 780 m² gerettetem Regenwald pro Euro, käme man auf knapp 15,4 Milliarden Euro, um alle tropischen Regenwälder der Erde zu bewahren.
Oder anders ausgedrückt:
Mit dem öffentliche Haushalt der Stadt Hamburg könnte man für 29 Jahren alle Regenwälder weltweit schützen!
Zu schön, um wahr zu sein?
Lesen wir den Ausschnitt der Tomorrow-Webseite noch mal, aber mit einem anderen Fokus:
Die Zahl 1 € = 780 m² Schutz für 30 Jahre (die Seite ist aus dem Jahr 2019) wird als „Fakt“ präsentiert. Es ist nirgends belegt und es gibt auch keine weiteren Details. Auch nicht bei der Münchener Firma ClimatePartner GmbH.
Auf deren Internetseite heißt es allgemein:
Es sind also Jobs entstanden und es wird eine nachhaltige Forstwirtschaft betrieben.
Was passiert wirklich?
Offenbar gibt Tomorrow die 0,13 Prozent jeder unserer Kartenzahlungen an die Münchner Firma „ClimatePartner GmbH“ weiter. Was tatsächlich damit passiert, was Marketing, was Politik ist, dass kann ich nicht beurteilen.
Wirklich beurteilen kann man hauptsächlich Dinge, die man selbst vor Ort angesehen hat, so wie ich es auf einer Reise durch Paraguay gemacht habe, als ich Miller Forest ein bisschen genauer angeschaut habe.
Allerdings kann man das Wald-Investment in Paraguay nicht via Kartenzahlung finanzieren.
Deswegen schätze ich den Weg, den Tomorrow gewählt hat!
Auch wenn mir einiges noch nicht so richtig klar ist. Aber muss es das sein, bis ich die Karte nutze? Nein. Üblicherweise behalten Banken die Gebühren für sich und Tomorrow lenkt einen Teil in Projekte, die einen guten Anschein haben. Vielleicht werden wir demnächst – auch mit Hilfe unserer smarten Community – mehr erfahren.
In den letzten drei Wochen habe ich 2-mal Kontakt mit Tomorrow deswegen aufgenommen, aber es ist noch nicht zu einer inhaltlichen Antwort gekommen. Manchmal braucht Gutes wohl Zeit. 😉
Wie sehen Sie das?
Auf Ihre Meinung, Recherche oder auch Frage bin ich gespannt. Lesen wir in der Kommentarfunktion voneinander. Herzlichen Dank!
Jede Kartenzahlung schützt Bäume? Das klingt für mich zu schön um wahr zu sein. Wer in die Preisliste blickt wird feststellen, dass dies nur für dass kostenpflichtige Kontenmodell gilt. Mit den monatlichen Gebühren von 15 € kann die Bank arbeiten um ihre Kosten zu decken. Da bleibt Spielraum, damit die 0,13 % aus den Kartenzahlungen zu Umwelt- und marketingzwecke genutzt werden können.
Beim kostenlosen Konto dagegen benötigt Tomorrow meiner Ansicht nach die 0,13 % aus den Kartenzahlungen um ihre eigenen Kosten wie die für kostenlose Abhebungen, Löhne, usw. zu finanzieren und ggf. auch noch Gewinn zu machen.
Eine Bank ist schließlich keine Wohltätigkeitsorganisation.
Wenn der Anbieter sagt, dass er 0,13 % dafür aufwendet und ich keinen Beweis habe, dass das nicht so ist, werde ich nicht das Gegenteil behaupten.
Natürlich können Banken „Wohltätigkeit“ machen. Das machen viele Unternehmen.
Das 15 EUR-Konto (tomorrow zero) bezieht sich nicht auf den Schutz von Regenwald, sondern auf die CO2-Neutralität des eigenen Lebensstils (CO2-Fussabdruck). Man sollte schon vorher die Leistungsbeschreibungen gelesen haben.
Das verstehe ich nicht: Mein ganzer Artikel bezieht sich auf das kostenlose Girokonto von Tomorrow. Wenn man aus einem anderen Kontomodell etwas rein bringt, entsteht eine Vermischung. Die meisten Leute schätzen Klarheit und Orientierung.
Der Homepage und der Preisliste nach sind der Klimaschutzbeitrag und CO2-Kompensation (Zero) von Tomorrow zweierlei Dinge. Du hast richtig recherchiert, dass lt. Tomorrow auch beim kostenfreien Konto die 0,13 % (Klimaschutzbeitrag) für Waldschutzprojekte genutzt werden.
Zweifel bleiben bei mir dennoch: Wie lange wird es das kostenfrei Konto so geben? Auch N26 hat sich stark verändert.
Ich würde mir wünschen, die Kontenmodelle von Tomorrow blieben so (inkl. Klimaschutz). Doch noch mit ich nicht langfristig überzeugt und das hindert mich an einer Konteneröffnung. Tomorrow bzw. die SolarisBank sind mir da noch einige Antworten schuldig.
Wir müssen es halten wie bei jeder Bank: Genau beobachten und ggf. Schlüsse ziehen/kündigen. Das belebt den Markt.
Habe das Konto bei Tomorrow nun seit einigen Wochen. Kontoeröffnung über die Solarisbank ging schnell und problemlos via App. Karte war nach knapp einer Woche da. Als Zweitkonto (Haushaltskonto) mit Potential zum Erstkonto auf jeden Fall zu empfehlen.
Tomorrow ist eine ganz lustige Hipster-Bude. Ich wollte letztes Jahr ein Konto dort eröffnen, bekam aber nach dem ID-Check mehrere Fragen zur Kontonutzung gestellt. Zusätzlich sollte ich noch einen Lebenslauf einreichen mit der vagen Erklärung, dass Tomorrow gewisse gesetzliche Anforderungen erfüllen müsse, die selbstverständlich nur in meinem Interesse seien.
Ich habe davon abgesehen und das Konto wieder gekündigt. Wenn ich mir im Play Store die Kommentare ansehe, bin ich damit nicht allein.
Meine Meinung: Wer Bäume pflanzen will, geht weder zu Bunq noch zu Tomorrow, sondern spendet Geld an einen darauf spezialisierten Anbieter.
Interessant. Das mit dem Lebenslauf war bei mir nicht der Fall. Vielleicht wird jetzt – im Sinne der allgemeinen Vernunft – darauf verzichtet? 😉
Bäume pflanzen: Man muss nicht immer alles verschenken. Wir verlosen ja wöchentlich 27 Euro unter den Kommentatoren via Sonntagsmail. Manchmal sind Leute dabei, die möchten das Geld nicht überwiesen haben sondern an eine Spendenorganisation weitergeleitet haben. Anschließend bekommen wir regelmäßig Öko- bis Hochglanzpost so dass die 27 Euro bald verbraucht sind. Es gibt ja einige aufklärende Untersuchungen wie viel bzw. wie wenig Geld bei Spendenorganisationen überhaupt dem eigentlichen Zweck zu geführt werden.
Wer ein bisschen Land hat, kann ja selbst pflanzen oder was mir ja persönlich sehr gut gefällt, ist in Wald zu investieren. Da in diesem Fall der Investor an einer Rendite interessiert ist, muss nachvollziehbar gearbeitet werden. Die Auswirkungen auf die Umwelt dürften wohl dieselben sein, ob Bäume geschenkt werden oder so sie definierbaren Investoren gehören.
Hallo lieber Richard,
ich finde dein Argument sehr hilfreich und auch nachvollziehbar. Und ich persönlich glaube ja immer an das Gute im Menschen und ich sehe keinen Grund, warum Tomorrow da nicht ehrlich arbeiten sollte. Die Energie folgt der Aufmerksamkeit und wenn ich daran Glaube, wird es so sein.
Ich unterstütze die Umwelt, indem ich z.B. eine Sibirische Zeder demnächst in unser Feriendomizil einplanze, sobald wieder welche Vorrätig sind. Und dein Baumplanz-Projekt schaue ich mir auch an.
Liebe Grüße
Gerlinde
Supi 🙂
Es sieht zumindestens so aus, als ob die Zahlen ein bisschen „gehypt“ sind, aber wenn etwas für den Regenwaldschutz dabei herumkommt, dann ist das doch ok, ob der Euro dann für 1m2 reicht oder doch nur 0.5m2…
Das ist genauso wie bei ecosia.org, der Suchmaschine die Bäume pflanzt, es kostet mich nichts ob ich bei ecosia.org oder bei google.de suche, aber bei Ecosia tue ich noch was Gutes und das erwirtschaftete Geld kommt der Baumpflanzung zugute, anstatt dem Google Konzern.
naja – die ethischen Banken sind auch nicht wirklich konsquent. Da wird mit Unterstützung von ökologischen Projekten Werbung gemacht – andrerseits aber Zukunftstechnologien, die z.B. Dinge wie Abholzung minimieren können pauschal ausgeschlossen, weils ne populäre Meinung war (mittlerweile aber vom Großteil der jüngeren grünen in Frage gestellt wird). Mal wieder wird unterschlagen, das im viel zitierten Klimabericht auch intensive Nutzung der Landwirtschaft – und nicht Bioproduktion als elementar genannt ist.
Ich habe im Bekanntenkreis welche, die mit Syrien beruflich zu tun haben – da werden von allen ethischen Banken pauschal Überweisungen geblockt – egal worum es geht. Auch die Lieferung von Medikamenten.
Genauso werden konservative Werte vertreten. Durch die Bank wird Pornographie als Förderung ausgeschlossen. Willkommen im letzten Jahrhundert.
Für mich alles nur Schein – und das Mitschwimmen auf der Öko/Biowelle. Bier trinken für den Regenwald dürfen die ja auch nicht – Alkohol ist ja auch verpönt.
sorry – das hier so eine Augenwischerei angepriesen wird. Ist nicht wirklich smart.
Ab heute dann auch inklusive Apple Pay Integration. Für mich ein perfektes Konto, ganz ohne Schufa. Nice.
Dann lieber gleich zur GLS Bank, die machen das konsequent nachhaltig seit über 40 Jahren.
😂